ORF-Stellungnahme zum Rechnungshof-Bericht zur „ORF Standortkonsolidierung – 1. Bauphase“
Um die bestmöglichen Voraussetzungen für die öffentlich-rechtliche Medienproduktion im Digitalzeitalter zu schaffen, konsolidiert der ORF seine Wiener Standorte im ORF-Zentrum auf dem Küniglberg und entwickelt dieses zum ORF-Campus weiter. Der Rechnungshof hat im Zeitraum April 2017 bis Juli 2018 den Fortschritt des Medienstandortprojektes in den Jahren 2012–2016 (1. Bauphase) geprüft und heute seinen diesbezüglichen Bericht veröffentlicht. Die ab 2017 gesetzten Maßnahmen (u. a. neue Projektstruktur, Entwicklung „Plan B“ wegen nicht erfolgter Flächenwidmungen, plan- und budgetkonformer Projektfortschritt zB. im Bauteil 2) wurden der Prüfung nicht zugrunde gelegt. Der ORF hat die im Zuge der Prüfung gemachten Anmerkungen des Rechnungshofes ernst genommen und bestmöglich laufend die nun im Abschlussbericht festgehaltenen Empfehlungen umgesetzt.
Heute ist das ORF-Medienstandortprojekt sowohl hinsichtlich Budget als auch Zeitplan auf Kurs. Der ORF hat, wie auch vom Rechnungshof anerkannt wird, auf alle Änderungen und Entwicklungen rasch und nachhaltig reagiert. Mit der aktuellen Aufbau- und Ablauforganisation hat der ORF ein größtmögliches Maß an Sicherheit geschaffen, um die Projektziele zu erreichen. Schon während der laufenden Prüfung hat der ORF großen Wert darauf gelegt, Erkenntnisse und Anmerkungen des Rechnungshofes so weit wie möglich in das Medienstandortprojekt einfließen zu lassen: Von den insgesamt 21 an den ORF gerichteten Empfehlungen wurden 17 bereits umgesetzt (E. 1–13 und E. 17–20), eine Empfehlung wird in Zukunft umgesetzt (E. 21 betreffend Nachhaltigkeit) und für zwei Empfehlungen gibt es derzeit keine Anwendungsfälle (E. 15 zum Abschluss von Rechtsberatungsleistungen und E. 16 zur Vereinbarung von Bonus-Malus-Regelungen).
Zusammenfassend ist festzuhalten:
- Der Entscheidung für die Konsolidierung am Standort Küniglberg gingen umfangreiche Analysen zahlreicher Experten zu sämtlichen Aspekten voraus. Der Neubau an einem anderen Standort hätte neben Vorteilen auch zahlreiche Risiken gehabt, die entsprechend bewertet wurden.
- Aufgrund laufender begleitender Überprüfungen hat die ORF-Geschäftsführung im Herbst 2015 rasch auf die sich abzeichnende negative Prognose der gesetzten Projektziele „Budget und Zeitplan“ reagiert: U. a. wurden eine Neudefinition der Sanierungstiefe, eine Redimensionierung von Neubauwünschen bzw. eine Neudefinition der Raumnutzungen durchgeführt. Der Rechnungshof anerkennt dies ausdrücklich an mehreren Stellen des Berichts.
- Als Reaktion auf das Ausbleiben der Flächenwidmungsänderung durch die Stadt Wien beauftragte die ORF-Geschäftsführung die Entwicklung des so genannten „Plan B“, der innerhalb der bestehenden Widmungen, Budget- und Zeitpläne umgesetzt werden kann.
- Bereits vor Beginn der Prüfung durch den Rechnungshof wurde als Reaktion auf aufgetretene Probleme die Bauherrenorganisation weiterentwickelt, sodass sie nunmehr den Anforderungen des Rechnungshofs, wie er sie in seinem „Bauleitfaden“ definiert hat, entspricht.
- Trotz der komplexen Aufgabenstellung der Sanierung im laufenden Betrieb war zu jeder Zeit die Aufrechterhaltung desselben sichergestellt und es kam zu keinen Sendeausfällen.
- Aufgrund des positiven Projektfortschritts zeigt sich heute, dass der ORF durch die laufende Kontrolle und Evaluierung des Medienstandortprojektes auf sich abzeichnende Problemstellungen und negative Entwicklungen mit der Anpassung von Planung und Projektstruktur rasch und richtig reagiert hat und die neu aufgesetzte Projektorganisation funktioniert. Die Einhaltung der Projektziele „Budget und Zeitplan“ wird dadurch sichergestellt.
Naturgemäß enthält der Rechnungshofbericht auch kritische Anmerkungen und Empfehlungen etwa hinsichtlich der Vorbereitung der Standortentscheidung, einer zu frühen Festlegung des Budgetrahmens, organisatorischer Mängel vor allem zu Beginn des Projektes, der wegen „Gefahr im Verzug“ rasch eingeleiteten Sanierung des Objektes 1 inkl. teilweiser Kostenüberschreitungen oder bezüglich der nur „freiwilligen“ Anwendung des Bundesvergabegesetzes durch den ORF im Rahmen des Medienstandortprojektes.
Zu den Detailempfehlungen des Rechnungshofes ist zusammenfassend anzumerken:
Entscheidungsfindung bei der Standortentscheidung:
Der Rechnungshof kritisiert, der ORF habe bei der Entscheidung zwischen Konsolidierung am Küniglberg und Neubau nicht noch zusätzliche Szenarien geprüft bzw. das Fehlen einer breiten Mehrheit im Stiftungsrat für einen Neubau bei der Entscheidungsfindung mitgewürdigt.
Dazu ist anzumerken, dass die Entscheidung für die Konsolidierung auf Grundlage umfangreicher strategischer und wirtschaftlicher Prüfungen sowie intensiver Abstimmung mit internen Arbeitsgruppen und externen Experten erfolgte und alle damals plausiblen Szenarien berücksichtigt wurden. Da die beiden Varianten Konsolidierung und Neubau wirtschaftlich nahezu gleichwertig waren, war selbstverständlich auch die Akzeptanz der Öffentlichkeit, der Mitarbeiter und der Gremien ein wichtiger Faktor. Mit einer langfristigen Verzögerung der Umwidmungen war nach Konsultation von Experten der Stadt Wien sowie externen Gutachtern nicht auszugehen, was auch die positive Behördenempfehlung (MA21) an die zuständige Stadträtin untermauert. Nachdem sich die Verzögerung der Widmung aus politischen Gründen abzeichnete, hat der ORF umgehend mit der Entwicklung des „Plan B“ reagiert, der seither innerhalb von Budget-und Zeitplan und Einhaltung der Projektziele umgesetzt wird.
Budgetvorgabe in Höhe von 303,7 Mio. Euro:
Die konkrete Budgethöhe für die Umsetzung des Gesamtprojekts wurde nach Ansicht des Rechnungshofs zu früh festgelegt.
Die Festlegung der Budgetvorgabe erfolgte mit dem Standortbeschluss des Stiftungsrates. Der „Plan B“ und dessen bisherige Umsetzung zeigen jedoch, dass diese ambitionierte „Zielsetzung“ umsetzbar ist.
Projektorganisation:
Der Rechnungshof kritisiert organisatorische Defizite vor allem zu Beginn des Projektes.
Ein wesentlicher Grund dafür war Zeitdruck, da das Projekt aufgrund nicht absehbarer und zwingend notwendiger Sanierungsmaßnahmen wegen Baumängeln an der Originalkonstruktion und „Gefahr im Verzug“ ohne den für derartige komplexe Bauvorhaben entsprechenden Vorlauf gestartet werden musste. Mittlerweile wurden allerdings sämtliche Organisationsdefizite beseitigt. Die Organisation entspricht nunmehr weitgehend den Empfehlungen des Rechnungshofs in seinem „Bauleitfaden“.
Verkaufsprozess Funkhaus:
Der Rechnungshof kritisiert, dass der Verkaufsprozess gestartet wurde, obwohl wesentliche Eckpunkte (z. B. Übergabetermin) des Verkaufs noch nicht bekannt waren.
Zum Start des Verkaufsprozesses war nicht absehbar und nicht damit zu rechnen, dass das Umwidmungsverfahren nicht positiv abgeschlossen werden könnte. Vor der Finalisierung des Verkaufs wurde den Schwierigkeiten beim Umwidmungsverfahren Rechnung getragen und der Prozess entsprechend angepasst.
Objekt 1:
Der Rechnungshof kritisiert, dass der Zeitdruck bei der Sanierung des Objektes 1 dadurch entstanden sei, dass nicht zeitnah zu den Gutachten aus der Zeit vor dem Jahr 2011, welche Sanierungsnotwendigkeiten aufgezeigt haben, das Projekt einer Generalsanierung gestartet worden sei.
Dem ist entgegenzuhalten, dass auch diese Gutachten entsprechende Fristen von bis zu drei Jahren für die Umsetzung vorsahen und keine „Gefahr im Verzug“ auswiesen. Im Jahr 2012 ist dann erst in einem weiteren Gutachten, das Basis für die durchzuführenden Sanierungen sein sollte, unmittelbarer Handlungsbedarf hervorgekommen, dem der ORF dann sofort nachgekommen ist und daher diverse Schritte beschleunigt setzen musste.
Der Rechnungshof stellt außerdem erwartungsgemäß die dem Stiftungsrat laufend berichtete zeitliche Planüberschreitung und die zu niedrigen Kostenannahmen bei der Sanierung von Objekt 1 fest, die zum Ausweis einer Kostenerhöhung von rd. 6,4 Mio. Euro bzw. 12 Prozent führten.
Diese führte allerdings zu keiner Überschreitung der Gesamtprojektkosten. Der ORF hat die Sanierung des Objektes 1 genau analysiert, daraus gelernt und darauf entsprechend reagiert. Im Objekt 2 konnten diese Erkenntnisse und Erfahrungen bereits genutzt und umgesetzt werden. Trotz der Überschreitung des Zielwertes beim Objekt 1, kann das Gesamtprojekt aus heutiger Sicht innerhalb der Gesamtkostenvorgabe von 303,7 Mio. Euro umgesetzt werden.
Vergabeverfahren:
Der Rechnungshof hat festgestellt, dass einzelne Vergaben nicht gemäß dem Bundesvergabegesetz durchgeführt wurden und darüber hinaus der ORF nach wie vor den Standpunkt vertritt, dass er nicht dem Bundesvergabegesetz unterliegt.
In der Tat vertritt der ORF – untermauert durch Expertisen namhafter Juristen und einschlägige Judikatur – die Rechtsmeinung, den Bestimmungen des Bundesvergabegesetzes nicht zu unterliegen. Unabhängig davon wird das Bundesvergabegesetz von vielen Experten in einem Bauprojekt als kein geeignetes Instrument angesehen, um eine möglichst zielstrebige Projektrealisierung umzusetzen. Durch Einsprüche und Rechtsmittel können Bauprojekte aufgehalten und Mehrkosten für den Bauherrn verursacht werden. Der Bauherr kommt dadurch immer wieder in Situationen, in denen er eigentlich wirtschaftlich nachteilige Entscheidungen treffen muss, um alle Bestimmungen des Vergabewesens einhalten zu können. Das hat sich im laufenden Bauprojekt bereits mehrfach gezeigt (z. B. Anfechtung Vergabeverfahren Generalplaner, Vertragsrücktritt Generalplaner).
Dessen ungeachtet wendet der ORF in fast allen Fällen freiwillig das Bundesvergabegesetz an.
Nachhaltigkeit:
Positiv beurteilt der Rechnungshof die im Zuge des Bauprojektes ergriffenen Maßnahmen im Sinne der Nachhaltigkeit. So wurden etwa Abfalltrennungen etabliert, Chemikalienmanagement eingeführt, Lebenszyklusrechnungen in die Entscheidungen einbezogen, Gebäudezertifizierungen angestrebt und umgesetzt, aktive CO2-Reduktionen eingepreist, die Erfüllung von Förderungskriterien erreicht, etc.
Der ORF dankt dem Rechnungshof für die sachliche und konstruktive Zusammenarbeit sowie die hilfreiche Unterstützung bei der Realisierung des Großprojektes ORF-Medienstandort und wird den Endbericht in den kommenden Wochen nochmals eingehend analysieren.