ORF/Günther Pichlkostner
Ö1 zum 75. Geburtstag von Michael Köhlmeier: „Ein Song ist ein auf das Wesentliche reduzierter Roman.“
„Ein Song ist ein auf das Wesentliche reduzierter Roman.“ lautet der Titel der „Menschenbilder“ mit Autor, Erzähler und Musiker Michael Köhlmeier am Sonntag, den 6. Oktober ab 14.05 Uhr in Ö1. Sein Werk ist nicht nur bemerkenswert umfangreich, sondern auch einzigartig vielseitig. Allein 2024 sind bisher fünf neue Buchtitel erschienen, im Laufe der vergangenen fünf Jahrzehnte waren es mehr als hundert Bücher und Buchbeiträge (Hörbücher nicht berücksichtigt): Romane, Kurzgeschichten, Gedichtbände, Hörspiele, Vignetten und Kinderbücher gemeinsam mit seiner Ehefrau Monika Helfer, Sachbücher und Essays, Nacherzählungen antiker und biblischer Stoffe, von Märchen und Sagen, den Nibelungen oder Shakespeares Dramen, historische Fiktion - oder Songtexte, die Köhlmeier für sich selbst oder Bands wie die Vorarlberger Gruppe „Schellinski“ geschrieben hat. Der Musik gilt ein leidenschaftliches Interesse des Autors, der auch zeichnet und malt. Köhlmeier ist in jungen Jahren als freier Autor im ORF Vorarlberg tätig, als Duo „Ray & Mick“ macht er gemeinsam mit Reinhold Bilgeri Kabarett und Popsongs. „Oho Vorarlberg“ (1973) wird gern als heimliche Landeshymne bezeichnet. Neben dem Studium der Politik und Germanistik, Philosophie und Mathematik entstehen Hörspiele und Features. Schreiben und mündliches Erzählen gehen von Anfang an Hand in Hand, wie auch Dokumentation und Fiktion; das Medium Radio mit seinen Mitteln spielt dabei eine große Rolle, und mit seinen Radioerzählungen wie den „Sagen des klassischen Altertums“ schreibt Michael Köhlmeier auch Radiogeschichte.
Am Sonntag, den 13. Oktober findet im Rahmen des „100 Jahre Radio“-Tages im ORF RadioKulturhaus die Ö1-Sendung „Ex libris“ (16.05 Uhr) live vor Publikum statt. Julia Zarbach spricht mit Literaturwissenschafterin Daniela Strigl und den Schriftstellern Franz Schuh und Michael Köhlmeier über deren Beziehung zum Medium Radio, insbesondere in Bezug auf die Literatur. Dabei geht es darum, wie das Medium das literarische Schaffen im Gegensatz zu anderen Medien abbildet, was das Radio besser kann und wo es seine Grenzen hat und wie sich die Literaturvermittlung über die Jahrzehnte verändert hat. Welche Möglichkeiten bietet das Medium Autorinnen und Autoren und welche Wirkung hat und hatte das Radio auf die drei Gäste der Veranstaltung?
Der große Erzähler wird 75
„Sprachzwang - Zwangssprache?“ lautet der Titel der „Science Arena“ (16.05 Uhr) am Montag, den 14. Oktober. Sprache ist ein Lebensthema Köhlmeiers. Und sie ist hierzulande auch ein Politikum, ein Streitthema im Ringen um Identität der Menschen, die sie sprechen. Wie weit soll, darf, kann man sie regulieren, in Gesetze gießen, mit Ge- und Verboten belegen? Martin Haidinger traf Michael Köhlmeier zu einem mehr oder weniger zeitlosen, auf jeden Fall ungezwungenen Grundsatzgespräch über Sprachzwang und Zwangssprache fernab tagespolitischer Auseinandersetzungen. Als historische Zeugen und Belege treten u. a. auf: die Sprachreformer Gottsched und Sonnenfels, die Brüder Grimm, Karl Kraus, Mark Twain, Joseph Conrad, Homer und Hip Hop, viele angeblich nicht mehr „sagbare“ Begriffe, und der Dauerbrenner „Gendern“.
Am Dienstag, den 15. Oktober liest Michael Köhlmeier in den „Radiogeschichten“ (11.05 Uhr) aus seinem Buch „Das Schöne. 59 Begeisterungen“. Ab 16.05 Uhr ist in den „Tonspuren“ das Feature „Michael Köhlmeier: Der große Erzähler wird 75.“ zu hören. Ein Massenpublikum hatte Michael Köhlmeier schon in den 1980er Jahren. Halb Österreich lauschte, wenn er im Radio Sagen und Mythen vortrug. Heute ist Köhlmeier ein Bestsellerautor, der auch von der Literaturkritik geschätzt wird. In seinem Haus in Vorarlberg erzählt der Geschichtenerzähler seine Geschichte. In Köhlmeiers Novellen und Romanen geht es um ein unbegleitetes Flüchtlingsmädchen, das sich nicht helfen lassen kann. Um den Heiligen Antonius, der sterbend über das Leben nachdenkt, um einen liebenswerten Dieb und Lügner. Um den Tod seiner Tochter. Können wir eine Geschichte jemals anders, als aus der eigenen Perspektive erzählen? Köhlmeier gelingt es, sich in jede einzelne seiner Figuren einzufühlen. Dann, sagt er, müsse er seinen Helden nur noch folgen, nur noch aufschreiben, was sie erleben. Deren Geschichte steht im Vordergrund, nicht der Autor. So ist es bei einem richtigen Geschichtenerzähler.