Ö1-Schwerpunkt „80 Jahre ‚Anschluss‘ März 1938“
Alle Informationen im Detail sind abrufbar unter http://oe1.ORF.at/1938.
Besonders gestützt wird der Schwerpunkt von neu entdeckten Original-Tönen aus der ersten Periode der RAVAG. Die RAVAG wurde 1938 in die Reichsrundfunkgesellschaft eingegliedert, durch den „Anschluss“ wurde somit das damals noch junge Leitmedium Radio gleichgeschaltet. Wichtige Teile des umfangreichen Musik- und Wortarchivs wurden in das zentrale Archiv der Reichsrundfunkgesellschaft nach Berlin gebracht. Bis vor kurzem wurde angenommen, dass diese Archivmaterialien im Zuge des Kampfes um Berlin und der Kriegswirren zerstört worden seien. 2016/17 wurden jedoch Teile des RAVAG-Archivs wiedergefunden. Diese einzigartigen Originaltondokumente ermöglichen beispielsweise einen detaillierteren Blick auf die Ereignisse während der Entwicklung von der Ersten Republik zum Ständestaat 1933/34 oder den „Anschluss“ 1938. Die Nacht vom 11. auf den 12. März 1938 lässt sich nun durch die erhaltenen Nachrichtenaufnahmen, natürlich speziell im Radio, besonders authentisch rekonstruieren.
Projekt „Zeituhr 1938“
Ein Projekt, das direkt auf diese Archivmaterialien zugreift, ist „Zeituhr 1938“ von der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, der filmbakery und dem Haus der Geschichte Österreich, initiiert von Filmemacher Frederick Baker. Es handelt sich dabei um ein 24-Stunden-Multimediaprojekt, das die Stationen und Ereignisse des unmittelbaren „Anschlusses“ von 11. (18.00 Uhr) auf den 12. März 1938 (18.00 Uhr) darstellt: als überdimensionale Projektion auf die Fassade des Bundeskanzleramts am Wiener Ballhausplatz und in Form eines Live-Tickers im Internet unter www.zeituhr1938.at. Langfristig wird „Zeituhr 1938“ als Dokumentation auf der Website des Hauses der Geschichte Österreich zugänglich sein. Das Projekt „Zeituhr“ findet in enger Kooperation mit Ö1 statt – so werden etwa Inhalte der „Zeituhr“ in die Ö1-Berichterstattung eingebunden und Ö1-Inhalte wie „Betrifft: Österreich“ oder Auszüge aus dem „Radiokolleg Spezial“ zu „80 Jahre ‚Anschluss‘“ werden Teil der „Zeituhr“. Niederschlag findet es auch in einem Liveticker auf science.ORF.at. Thema ist das Projekt „Zeituhr 1938“ auch in „Punkt eins“ am Freitag, den 9. März in Ö1: Rainer Rosenberg spricht mit der Direktorin des Hauses der Geschichte Monika Sommer und dem Filmemacher und Projektionskünstler Frederick Baker.
Am Sonntag, den 11. März wird ab 11.03 Uhr in der „Matinee“ live aus dem Burgtheater die Veranstaltung „1938/2018: Ist unsere Demokratie heute stark genug?“ übertragen. Unter der Leitung von Renata Schmidtkunz diskutieren der Zeitzeuge Hugo Brainin, die tschechische Soziologin und Publizistin Alena Wagnerová, die Medienjournalistin Ingrid Brodnig, der Verfassungsrichter Christoph Grabenwarter und der Historiker Oliver Rathkolb. Elisabeth Orth, Marie-Luise Stockinger, Branko Samarovski und Sebastian Wendelin lesen zeitgenössische Texte. Aus dem Projekt „Zeituhr 1938“ werden Ausschnitte zu hören sein.
Um 19.30 Uhr beginnt der Ö1 „Kunstsonntag zum Anschluss“, der die nationalsozialistische Machtübernahme mit der aktuellen Dringlichkeit einer „breaking news“-Strecke vergegenwärtigt. Mit RAVAG-Originaltönen aus jener Nacht wie der Abschiedsrede Schuschniggs oder einer Reportage über Aufmärsche, Fackelzüge und das Hissen von Hakenkreuzfahnen in allen Landeshauptstädten. Berichtet wird natürlich auch, was damals „off records“ blieb, wie erste Massenverhaftungen. Studiogäste analysieren das Geschehen. Zwischendurch: Musik, wie sie in der Anschlussnacht im Radio lief – als ob nicht Schlimmes geschehen wäre! – und populäre Nummern der Jahre davor, auch von vertriebenen Musiker/innen und Entertainer/innen. Ab 00.05 Uhr folgt die „Lange Nacht der Erinnerung“ mit Musik, die der NS-Vernichtung entgangen war und nun wieder das Repertoire der Musikbühnen bereichert. Um die jeweilige historische Uhrzeit werden originale Radionachrichten und Radioreportagen von vor 80 Jahren gespielt.
Die Spezialsendereihe „Betrifft: Österreich“ thematisiert am Montag, den 12. März von 7.55 bis 19.55 Uhr in fünfminütigen Sendungen die Ereignisse, die in der jeweils darauffolgenden Stunde vor 80 Jahren stattgefunden haben. Ausgehend von zeithistorischen Dokumenten werden Ereignisse und Protagonisten von Experten analysiert und historisch reflektiert und Originaltondokumente zur Vergegenwärtigung der damaligen Ereignisse eingespielt. „Betrifft: Österreich“ heißt es auch von Dienstag, den 13. bis Freitag, den 16. März jeweils um 17.55 Uhr in Ö1, hier ist der Blick von außen Thema: Der Historiker Arnold Suppan spricht über die internationalen Reaktionen auf den „Anschluss“.
Das „Radiokolleg Spezial“ von Montag, den 12. bis Donnerstag, den 15. März (jeweils um 9.05 Uhr) beschäftigt sich in vier je einstündigen Sendungen mit den „Stationen einer Machtübernahme“. Am Montag geht es um „Die Grenzüberschreitung. Über die Machtergreifung der Nationalsozialisten.“, „Die Einverleibung. Von der Übernahme der Institutionen.“ ist Thema am Dienstag, und am Mittwoch setzt sich das „Radiokolleg“ mit „Die Opferumkehr. Über selektives Erinnern und das Eingestehen von Verantwortung.“ auseinander. Den Abschluss macht am Donnerstag „Niemals vergessen. Das Postulat der Märztage 1938“.
Rund 60 Sendungen und Beiträge umfasst der Ö1-Schwerpunkt im März, das inhaltliche Spektrum ist dabei ein sehr breites: vom „Salzburger Nachtstudio“ über das Scheitern der Ersten Republik (7.3., 21.00 Uhr), zahlreiche Musiksendungen und mehrere „Hörbilder“, etwa über den „Haupt- und Hintereingang der Erinnerung. Das Hotel Métropole in Wien“ (17.3., 9.05 Uhr) bis zu „Gedanken für den Tag“ zu „Adolf Hitler. Versuchungen und Lehren“ (12.-17.3. 6.56 Uhr), „Radiogeschichten“, „Lebenskunst“ über „Zu wenig Gerechte“ (18.3., 7.05 Uhr) oder „Der Herr Karl“ von Carl Merz und Helmut Qualtinger im „Ö1 Hörspiel“ (17.3., 14.00 Uhr) und „Gedanken“ mit der Zeitzeugin Gertrude Pressburger (18.3., 9.05 Uhr).
Der gesamte Ö1-Schwerpunkt ist abrufbar unter http://oe1.ORF.at/1938.