Neue ORF-III-Trilogie „Wuchteln, Schmäh, Politsatire – Geschichte des österreichischen Kabaretts“ ab 28. Dezember
Rund um den Jahreswechsel widmet sich ORF III Kultur und Information im Rahmen seiner Programmleiste „zeit.geschichte“ traditionell einem Kapitel der österreichischen Kulturgeschichte. Heuer erzählt die neue Dokutrilogie „Wuchteln, Schmäh, Politsatire“ die Geschichte des österreichischen Kabaretts. Regisseur Valentin Badura spannt darin den inhaltlichen Bogen vom Ende des Ersten Weltkriegs bis zur Mitte der 1970er Jahre – kommentiert von aktuellen Szenegrößen wie Michael Niavarani, Angelika Niedetzky, Lukas Resetarits, Andreas Vitásek, Andrea Händler, Joesi Prokopetz, Florian Scheuba, Werner Sobotka und Erwin Steinhauer. Zu sehen sind die drei Filme von Montag, dem 28., bis Mittwoch, den 30. Dezember 2020, jeweils um 20.15 Uhr in ORF III.
Zum Inhalt von „Wuchteln, Schmäh, Politsatire – Geschichte des österreichischen Kabaretts“
Montag, 28. Dezember, 20.15 Uhr: Teil eins
1918 ist Österreich vom Ersten Weltkrieg gezeichnet. Das einstige Habsburgerreich ist auf „den Rest“ Österreich zusammengeschrumpft. In diesen Jahren wird das Nachkriegskabarett geboren. Seichte Unterhaltung steht im Vordergrund, Gesellschaftskritik ist nicht gefragt und bis 1926 sogar durch Zensur reglementiert. Doch der österreichische Humor setzt sich bald durch. Politisch bissig zeigt sich zum Beispiel Karl Kraus: Anfänglich selbst kriegsbegeistert, wird er bald zum Verfechter des Friedens. Seine Ablehnung der Kriegstreiberei verarbeitet er 1919 im satirischen Theaterstück „Die letzten Tage der Menschheit“. Ab 1922 treten Fritz Grünbaum und Karl Farkas im „Simpl“ auf, das sich schnell zum neuen Hotspot der Wiener Kabarettszene entwickelt. Für das Kabarett ist es eine Blütezeit, aber schon bald bewegt sich das Land hin zum nächsten Krieg. Verfolgung und Zensur durch den Nationalsozialismus radieren die Kabarettszene Österreichs fast aus.
Dienstag, 29. Dezember, 20.15 Uhr: Teil zwei
1945 ist der Zweite Weltkrieg endlich zu Ende. Wien liegt in Trümmern, doch bald zeigen sich unter der alliierten Besatzung die ersten Lebenszeichen eines freien Österreich. Auch die Kabarettszene regt sich – „Simpl“, „Werkel“, „Literatur am Naschmarkt“ und „Lieber Augustin“ öffnen wieder ihre Pforten. Der Umgang des Landes mit seiner eigenen Vergangenheit, geprägt vom Blick der Wehrmachtsgeneration, wird von den überlebenden Größen der Szene wie Hermann Leopoldi oder Gerhard Bronner bissig kommentiert. Karl Farkas übernimmt in den fünfziger Jahren die künstlerische Leitung des „Simpl“ und bringt es mit Unterhaltungskabarett zu neuer Blüte, sowohl auf der Bühne als auch im Fernsehprogramm. Zum eher unpolitischen Unterhaltungskabarett im „Simpl“ gesellt sich in den 1950ern das „namenlose Ensemble“, dem Gerhard Bronner, Carl Merz und Helmut Qualtinger angehörten. Letzterer trifft mit seinem Ein-Personen-Stück „Der Herr Karl“ mitten in die Seele der österreichischen Nachkriegsgeneration.
Mittwoch, 30. Dezember, 20.15 Uhr: Teil drei
Die 1960er sind eine Zeit des Wirtschaftsaufschwungs, aber auch der Probleme. Ab 1963 betreut Gerhard Bronner die Sendung „Zeitventil“ und allmählich findet das österreichische Kabarett in den Wohnzimmern der Österreicherinnen und Österreicher ein zweites Zuhause. Ein Konkurrenzkampf zwischen Fernsehen und Kleinkunstbühnen entsteht, der zu einer breiten Programmvielfalt führt. Ein Lieblingsthema des Kabaretts der 1960er Jahre ist Österreichs neuer Platz in der Welt. Während sich der Kalte Krieg zuspitzt, herrscht in der Alpenrepublik eine Mischung aus Zynismus und Inselmentalität. Sorgen macht man sich im Falle eines Weltkrieges nur über das Schicksal seines Haustiers – so zumindest in Georg Kreislers Chanson „Mein Hund“. Mitte der 1970er erwacht abseits der parlamentarischen Politik eine politische Zivilgesellschaft, die sich in neuen sozialen Bewegungen organisiert. Mit dem ehemaligen Schlachthofgelände „Arena“ in Wien-Erdberg werden in Österreich erstmals Häuser besetzt – vor allem, um Freiräume für Kunst und Politik abseits der mächtigen Institutionen zu schaffen. Auch das Kabarett findet hier eine neue Stätte – ganz nach dem Motto Gerhard Bronners: „Sehen Sie, es ist meine Überzeugung, wer etwas von Kabarett versteht, versteht auch etwas von Demokratie.“