Was sagt das Publikum zu 50:50?
Eva Sassmann, Leiterin der ORF-Medienforschung, über der Erfolg der „50:50“ Challenge
Eva Sassmann, Leiterin ORF Markt- und Medienforschung
Medien und damit auch der ORF repräsentieren nicht nur Männer und Frauen in ihren Angeboten, sondern sind durch Darstellungen und Zuschreibungen an der sozialen Konstruktion von „Männlichkeit“ und „Weiblichkeit“ beteiligt. Medien prägen – wie Umfragen belegen – nach Familie, Eltern, Freundinnen, Freunden und Bekannten das Frauen- und Männerbild von Kindern und Jugendlichen. Die ORF Markt- und Medienforschung unterstützt seit vielen Jahren die Gleichstellungsgremien des Hauses mit diversen Studien zur Thematik der „Darstellung und Repräsentation von Geschlecht im Programm“, sowohl in quantitativer als auch in qualitativer Hinsicht.
Im Vorfeld des Launches der ORF 50:50-Challenge hat die Universität Salzburg im Auftrag des ORF eine quantitative Inhaltsanalyse des gesamten Programms von ORF 1 und ORF 2 am Stichtag Montag, 29. April 2019, durchgeführt. Ziel war die Erhebung von hör- und sichtbaren Personen nach Geschlecht. Für die Gruppe der non-fiktionalen ORF-Programme, wie z. B. Nachrichtenn oder Magazine, wurden zusätzlich auch nur hörbare (Off)-Stimmen gezählt. Auf Basis der Erhebung der Geschlechterverteilung dieses Stichtages wurden in Summe auf ORF 1 und ORF 2 1.615 Personen (hörund sichtbar bzw. bei non-fiktionalen ORF-Produktionen auch nur hörbar) gezählt, davon waren 62 Prozent männlich, 37 Prozent weiblich, 1 Prozent war nicht zuordenbar (Tierfiguren aus dem Kinderprogramm). Parallel zur laufenden ORF-50:50-Challenge wurden publikumsseitig 2020 österreichweit 40 qualitative Einzelexplorationen bei Frauen ab 20 Jahren und älter durchgeführt. Damit sollte ein aktueller Einblick in die Lebenswelten, die Selbstbilder von Frauen in Österreich, die aktuelle Wahrnehmung von Frauenbildern in der Gesellschaft und vor allem die Rolle und die Bewertung der Medien sowie im Speziellen des ORF in der Vermittlung von Frauenbildern sowie im Rahmen von Gleichstellung gewonnen werden.
Die gewonnenen Ergebnisse zeigen, dass die Befragten einen Wandel wahrnehmen. Unabhängigkeit, Grad der Selbstbestimmung und Freiheiten sind gestiegen. Das Rollenverständnis hat sich verändert. Der Gleichberechtigungsprozess ist noch nicht abgeschlossen. Das Bemühen um Gleichstellung von Frau und Mann in den Medien wird von den Frauen wahrgenommen. Es gibt eine empfundene Kluft zwischen einer wahrgenommenen stereotypbehafteten Darstellung von Frauen in den Medien und dem von Frauen erlebten und gelebten vielfältigen Frauenbild und Rollenverständnis in der Gesellschaft. Gendersensible Sprache ist im Vormarsch und wird begrüßt. Dem ORF wird im Gegensatz zu den privaten Marktteilnehmern deutlich mehr Bemühen und Veränderung in den vergangenen Jahren attestiert – es wird vom ORF hier aber auch mehr erwartet. Frauenbilder im ORF werden als weniger klischeehaft empfunden. Viele Frauen des ORF vor allem aus dem Nachrichten-Bereich werden als positive Vertreterinnen von den befragten Frauen genannt.
Das Themeninteresse der befragten Frauen ist vielseitig. Medien können durch gezielte Themensetzung Bewusstsein für Gleichstellung oder Gleichberechtigung (z. B. Karenz bei Männern, Aufzeigen von Alltagsheldinnen) schaffen sowie vermehrt mit weiblichen Perspektiven, Denk- und Sichtweisen punkten.
Die laufende ORF 50:50-Challenge unterstützt in ihrem Bemühen, Frauen hör- und sichtbarer zu machen, punktgenau die Erwartungshaltungen der ORF-Kundinnen nach einer noch ausgeglicheneren Darstellung und vielfältigen Repräsentation von Geschlecht in den Angeboten des ORF.