„Land ohne TikTok“: fünfteilige Ö1-Serie ab 4. Juli
„Land ohne TikTok“ ist in „matrix“ (4.7., 19.05 Uhr) und im „Radiokolleg“ (7.-10.7., 9.05 Uhr) zu hören und als Podcast ab 4. Juli auf ORF Sound.
Die Informationen im Detail sind abrufbar unter oe1.ORF.at/landohnetiktok.
Die erste Folge „Testlabor Albanien – Was das TikTok-Verbot auslöst und wer davon profitiert“ ist am Freitag, den 4. Juli ab 19.05 Uhr in „matrix“ zu hören. Die chinesische Kurzvideo-App TikTok gehört zu den beliebtesten sozialen Netzwerken weltweit. Über 1,6 Milliarden Menschen nutzen sie, vor allem Jugendliche. Dort kursieren aber nicht nur Tanz- und Katzenvideos, sondern auch problematische Inhalte: Mobbing, Hass, religiöser Fanatismus. Als erster Staat in Europa hat Albanien im März 2025 ein komplettes TikTok-Verbot für zwölf Monate verhängen lassen. Diesen Weg der Komplettsperre haben bisher nur autoritäre Regime wie der Iran oder Afghanistan gewählt. Westliche Demokratien knöpfen sich TikTok nur zögerlich vor. In Österreich ist die App auf Diensthandys von Beamten und Mitarbeiterinnen von Ministerien verboten. Die USA wollen den chinesischen Mutterkonzern „Byte Dance“ dazu verpflichten, sein US-Geschäft zu verkaufen. Technisch kann das Verbot in Albanien leicht umgangen werden, aber politisch scheint der Wille da zu sein, der App den Kampf anzusagen.
Jugendschutz vs. Zensur
Die weiteren vier Folgen von „Land ohne TikTok“ sind im „Radiokolleg“ von Montag, den 7. bis Donnerstag, den 10. Juli jeweils ab 9.05 Uhr in Ö1 zu hören. „Jugendschutz oder Zensur?“ lautet der Titel am Montag, den 7. Juli. TikTok ist beliebt, aber kontrovers. Darf und kann ein Staat diese Plattform einfach so verbieten? Und wenn Ja: Was passiert dann? Edi Rama, Albaniens Ministerpräsident und der Initiator des Verbots, ist ein Typ Politiker, der selbst auf TikTok viral gehen würde. Kein Regierungschef auf dem Balkan nutzt Social-Media so gekonnt wie der Ex-Basketballspieler und studierte Künstler. Das liegt auch daran, dass sich Rama vom Bild eines klassischen Staatsmannes abhebt. Im Wahlkampf trat er auch mal mit Jogginghose und weißen Sneakers auf. Rama hat seinen eigenen Podcast und geht zwei Mal die Woche live auf Facebook, um mit seinen Followern zu diskutieren. Warum verbietet so jemand eine Plattform, von der er selbst profitieren würde? Die Opposition in Albanien glaubt, die Antwort zu wissen. Sie spricht von Zensur im Vorfeld der Parlamentswahlen am 11. Mai. Die Regierung dementiert das und rechtfertigt die Sperre mit dem Jugendschutz.
„Ein Mord und seine Folgen“ steht im Mittelpunkt der dritten Folge am Dienstag, den 8. Juli. Im November 2024 wird ein 14-Jähriger an einer Schule in Tirana, Albanien, von einem Mitschüler erstochen. Der Mord war die Initialzündung für das TikTok-Verbot. Aber was ist da genau passiert? Die Journalistin Franziska Tschinderle besucht die Eltern des getöteten Jungen. Seinen Namen, Martin Cani, kennt mittlerweile das ganze Land. Aber der Vorfall bleibt ein Mysterium. Vor allem die Frage, welche Rolle Social-Media-Plattformen bei dem Streit spielten. Der tödlichen Messerstecherei gingen Anfeindungen zwischen Jugendlichen auf TikTok voraus. Im Wohnzimmer der Eltern stellt sich heraus: Martin hatte gar kein TikTok. Anstatt im Internet hat er seine Zeit lieber am Fußballfeld verbracht. Die Eltern erheben schwere Vorwürfe gegen die Regierung. Nutzt Edi Rama ihre Tragödie bloß für politische Zwecke?
„Der Whistleblower aus Wien“ ist Thema in der vierten Folge am Mittwoch, den 9. Juli. Wie setzt man eine TikTok-Sperre technisch um? Die albanische Regierung hüllt sich diesbezüglich lange in Schweigen, bis sich im März 2025 ein albanischer Cybersicherheitsexperte namens Besmir Semanaj zu Wort meldet. Er hat jahrelang für den größten Telekommunikationsanbieter Albaniens gearbeitet und lebt mittlerweile in Wien. In einem Facebook-Posting enthüllt Semanaj, dass die Regierung ein Verfahren namens „Deep Package Inspection“ (DPI) umsetzt. Das ist, stark vereinfacht, ein technischer Prozess, mit dem sich Datenpakete filtern lassen. Die Behörden in Albanien betonen, dass DPI einzig und allein für die TikTok-Sperre eingesetzt wird. Aber auch Experten und Expertinnen im Ausland haben berechtigte Fragen. Denn autoritäre Staaten nutzen DPI seit Jahren, um das Netz zu zensieren oder bei Protesten das Internet zu drosseln.
Die Frage „Viele Theorien. Was bleibt?“ wird in der letzten Folge am Donnerstag, den 10. Juli gestellt. Dient das TikTok-Verbot der albanischen Regierung tatsächlich dem Schutz Jugendlicher? Oder ist es ein machtpolitisches Instrument, um die digitale Öffentlichkeit zu kontrollieren? Politisch scheint Edi Rama von dem Verbot zu profitieren. Auch von Seiten der EU gibt es keine Kritik an dem kontroversen Verbot. Massenproteste blieben aus. Während sich die Öffentlichkeit nicht mehr mit dem Thema beschäftigt, zieht die Autorin Franziska Tschinderle Bilanz und wagt einen Blick in die Zukunft. Sie hat drei Theorien, was es mit dem Verbot auf sich haben könnte. Im besten Fall ist alles nur ein PR-Stunt und die TikTok-Sperre in wenigen Monaten Geschichte. Im schlimmsten Fall hat sich die Regierung eines EU-Beitrittskandidaten ein mächtiges Werkzeug beschafft, das ihnen niemand mehr nehmen kann.