ORF/Roman Zach-Kiesling
ORF-Dokumentation „Anton Schmid – Der gute Mensch von Wilna“ in der Rossauerkaserne Bernardis-Schmid präsentiert
Nach Robert Bernardis widmet sich die ORF-Zeitgeschichte-Reihe „Menschen & Mächte“ in der Dokumentation „Anton Schmid – Der gute Mensch von Wilna“ einem weiteren weitgehend vergessenen wichtigen militärischen Widerstandskämpfer. Der Film zeigt am Mittwoch, dem 29. Jänner 2020, um 22.30 Uhr in ORF 2 die Geschichte des Wiener Elektrohändlers Anton Schmid, der als einfacher Feldwebel 1941/42 im besetzten Litauen zahlreiche Jüdinnen und Juden vor der Ermordung rettete. Im besetzten Wilna gelang es Anton Schmid, Jüdinnen und Juden für vorgeblich dringliche Arbeiten zu requirieren, ihnen falsche Papiere zu verschaffen und sie mit Wehrmachts-LKWs aus dem Ghetto von Wilna zu bringen. Schmid bezahlte sein Eintreten für Menschlichkeit mit dem Leben. Er wurde von einem Kriegsgericht der Wehrmacht als „Verräter“ verurteilt und am 13. April 1942 erschossen. Mit Hilfe von Zeitzeugen, bisher unveröffentlichten Briefen Schmids sowie Spielszenen erzählt Regisseur Martin Betz das Porträt des „Retters von Wilna“ filmisch nach.
ORF/pre tv/Angelo Kreuzberger
Auf Einladung von Verteidigungsministerin Klaudia Tanner und ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz wurde der Film am Montag, dem 27. Jänner, anlässlich der feierlichen Umbenennung der Rossauerkaserne in Rossauerkaserne Bernardis-Schmid ebendort präsentiert.
An der Veranstaltung nahmen neben „Menschen & Mächte“-Redaktionsleiter Andreas Novak, pre-tv-Produzent Nikolaus Wisiak und Regisseur Martin Betz der Wiener Bürgermeister Michael Ludwig und die Enkel der beiden Widerstandskämpfer Schmid und Bernardis, Brigitte Kelemen bzw. Ingeborg Heidlberger und Anton Gross, teil. Ebenfalls unter den Gästen: der litauische Botschafter Donatas Kušlys, Militärsuperintendent Karl-Reinhart Trauner, Militärbischof Werner Freistetter, Generalstabschef General Robert Brieger sowie zahlreiche hochrangige Vertreter des Bundesheeres – unter ihnen General i. R. Hubertus Trauttenberg –, Friedrich Forsthuber, Präsident des Wiener Landesgerichts, hdgö-Direktorin Monika Sommer, ORF-TV-Wissenschaftschef Tom Matzek und Anton-Schmid-Darsteller Leopold Altenburg, Ururenkel des Kaiserpaares Franz Joseph und Elisabeth.
ORF/Roman Zach-Kiesling
Mag. Klaudia Tanner, Bundesministerin für Landesverteidigung: „Leistungen dieser beiden Soldaten sind wichtiger Bestandteil der Traditionspflege des Österreichischen Bundesheeres“
Verteidigungsministerin Mag. Klaudia Tanner freute sich, die Premierengäste im Festsaal der soeben mit den Traditionsnamen Bernardis-Schmid benannten Kaserne begrüßen zu dürfen, dankte dem ORF für die Filmproduktionen und den Angehörigen für ihr Kommen. Die ORF-Veranstaltung füge sich am Holocaust-Gedenktag sehr gut in die Reihe der Veranstaltungen ein – ein Tag des Innehaltens und Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus, so Tanner: „Es geht um Tapferkeit und Zivilcourage. Es geht darum, die nötige Zivilcourage aufzubringen, um seinem eigenen Gewissen zu folgen und bereit zu sein, die Konsequenzen dafür zu tragen. Die Widerstandskämpfer Oberstleutnant im Generalstab Robert Bernardis und Feldwebel Anton Schmid haben uns dies vorgelebt. Gerade in einem Beruf, wo es um Leben und Tod gehen kann, hat Berufsethik beim Militär einen wichtigen Stellenwert. Daher sind die Leistungen dieser beiden Soldaten ein wichtiger Bestandteil der Traditionspflege des Österreichischen Bundesheeres.“
Bürgermeister Dr. Michael Ludwig: „Film vereint Traditionspflege im Österreichischen Bundesheer und demokratische Aufarbeitung der österreichischen Zeitgeschichte im ORF“
„Es freut ich sehr, dass wir als Stadt Wien einen Beitrag zu diesem Film leisten konnten, weil er zwei wichtige Punkte miteinander vereint. Zum einen die Traditionspflege im Österreichischen Bundesheer, die sich ganz stark an den demokratischen Wurzeln orientiert, die das Heer in unserem Land hat“, betonte Bürgermeister Dr. Michael Ludwig. Dass dies keine Selbstverständlichkeit sei, zeigt der Umstand, dass sich auch viele Österreicher – wie etwa das Beispiel Franz Murers zeigt – an einem Unrechtsregime beteiligt haben. „Österreich konnte sich nach 1945 auf Menschen wie Robert Bernardis und Anton Schmid berufen und damit einen demokratischen Prozess einleiten. Ein wichtiger Teil dieses demokratischen Prozesses war und ist das Österreichische Bundesheer, auf das wir zu Recht stolz sein können und das es, um diesen demokratischen Weg im Sinne unseres Landes fortsetzen zu können, mit den entsprechenden Ressourcen auszustatten gilt.“ Dies gelte, so Ludwig, auch für den Österreichischen Rundfunk. Auch hier solle man den „wichtigen Beitrag, den Filmschaffende unterschiedlicher Generationen seit Jahrzehnten im ORF für die Traditionspflege, für die demokratische Aufarbeitung der österreichischen Zeitgeschichte leisten, nicht vergessen“. Es sei wichtig, dass „der ORF eigene Produktionen wie jene über Anton Schmid oder Robert Bernardis einbringt, und sich zudem am österreichischen Filmschaffen beteiligt, um etwa die Aufarbeitung des Falls Franz Murer zu unterstützen. Ich gratuliere dem ORF und dem Österreichischen Bundesheer zu den wichtigen zeitgeschichtlichen Dokumenten über Anton Schmid und Robert Bernardis und danke den Familienangehörigen, dass sie mit uns gemeinsam dieser beiden Männer gedenken und wir die beiden nie vergessen“.
ORF-Generaldirektor Dr. Alexander Wrabetz: „Eine der wichtigsten Aufgaben des öffentlich-rechtlichen Rundfunks ist es, Geschichte aufzuarbeiten und für die Zukunft erlebbar zu machen“
ORF-Generaldirektor Dr. Alexander Wrabetz bedankte sich für die Möglichkeit, die „Menschen & Mächte“-Dokumentation über Anton Schmid sowie Ausschnitte der Bernardis-Dokumentation im Festsaal der neu benannten Rossauerkaserne präsentieren zu können: „Es ist nicht nur eine Auszeichnung für die Menschen, deren Leben filmisch dokumentiert wird, sondern auch eine besondere Ehre, dass die Filmpremiere am Holocaust-Gedenktag mit der Umbenennung der Kaserne verbunden ist.“ Als eine der wichtigsten Aufgaben des öffentlich-rechtlichen Rundfunks bezeichnete Wrabetz, „Geschichte aufzuarbeiten, in Erinnerung zu behalten und – als digitales elektronisches Gedächtnis des Landes – für die Zukunft erlebbar zu machen. Wir sind sehr stolz auf die von Andreas Novak verantwortete ‚Menschen & Mächte“-Reihe, die die unterschiedlichsten Kapitel gerade der Zeitgeschichte der nationalsozialistischen Terrorherrschaft aufgearbeitet hat. Und hier neben der Betrachtung der Täterseite auch auf der Suche war, positive Beispiele zu finden, wo Österreicher sich in schwierigsten Zeiten unter Einsatz ihres Lebens entschieden haben, das Richtige zu tun, Verantwortung zu übernehmen, ihr Leben für andere Menschen zu riskieren. Ich danke den Angehörigen von Anton Schmid und Robert Bernardis für ihre Unterstützung, die es dem ORF ermöglicht hat, dazu beizutragen, dass das Gedenken an ihre Vorfahren nachhaltig erhalten bleibt“.
Persönliche Rehabilitierung von Robert Bernardis und Anton Schmid
Durch das Rehabilitierungsgesetz 2009 sind Verurteilte durch den Volksgerichtshof kollektiv rehabilitiert. Dank der Unterstützung von Landesgerichtspräsident Friedrich Forsthuber konnte im Rahmen der „Menschen & Mächte“-Präsentation „Robert Bernardis, ein vergessener Held“ 2018 ein persönliches Dekret der Rehabilitierung von Robert Bernardis an dessen Enkelin Ingeborg Heidlberger übergeben werden. Gestern erhielt Anton Schmids Enkelin Brigitte Kelemen ein persönliches Dekret der Rehabilitierung ihres Großvaters. „Von meinem Großvater kann man lernen, dass man, wenn Unrecht geschieht, nicht wegschauen soll, sondern handeln“, sagte Brigitte Kelemen, die sich ebenso wie Ingeborg Heidlberger und Anton Gross sehr freute, dass durch die Umbenennung der Kaserne und die ORF-Dokumentationen das Andenken an die Taten ihrer Großväter aufrechterhalten wird.
ORF/Nachlass Schmid/Brigitte Kelemen
Andreas Novak, Leiter der ORF-Zeitgeschichteredaktion: „Erinnerungskultur im öffentlichen Raum“
„Ganz und gar ‚man selbst zu bleiben‘, immun gegen die Infektionen der Verrohung und des Antisemitismus, das hat Anton Schmid, der Mann ‚mit dem großen Herzen‘, vorgelebt. Ein Vorbild an Zivilcourage, das dem Vergessen entrissen werden soll. Es höchst erfreulich, dass ihm nun mit 27. Jänner 2020 gemeinsam mit dem lange vergessenen und stigmatisierten Robert Bernardis durch die Umbenennung der Rossauerkaserne in Rossauerkaserne Bernardis-Schmid ein wichtiges öffentliches Denkmal gesetzt wurde. Dafür ist Verteidigungsministerin Klaudia Tanner und Verteidigungsminister a.D. Thomas Starlinger größter Respekt zu zollen. Ebenso zu danken ist General a.D. Hubertus Trauttenberg, der sich seit den 1990er Jahren immer wieder für die Erinnerungskultur im öffentlichen Raum engagierte.“
Die „Menschen & Mächte“-Dokumentation „Anton Schmid – Der gute Mensch von Wilna“ entstand als Koproduktion von ORF und pre tv, gefördert von Fernsehfonds Austria, Land Niederösterreich, Stadt Wien, Filmfonds Wien, der Claims Conference und VAM.
Link:
- Anton Schmid – Der gute Mensch von Wilna (tv.ORF.at)