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DialogForum - Wer ist das Volk?

ORF/Thomas Jantzen

ORF-DialogForum: „Wer ist das Volk?“

Zu den Themen Demokratie, Populismus und Medien
Eine Aufzeichnung des ORF-DialogForums ist am Montag, dem 2. Oktober, um 23.40 Uhr in ORF III zu sehen, nach der TV-Ausstrahlung sieben Tage als Video-on-Demand in der ORF-TVthek (http://TVthek.ORF.at) und auf zukunft.ORF.at abrufbar.
„Wir sind das Volk“ skandieren Demonstrantinnen und Demonstranten, über „Fake News Media“ empört sich der US-Präsident in zweizeiligen Statements, nationalistisches Volksverständnis erlebt eine alarmierende Renaissance in Europa. Gerät die Politik in den Sog propagandistischer Kurzformeln, inszenierter Wut und autoritärer Versuchung? Gefährdet Empörungsbewirtschaftung die Demokratie? Wie reagiert die Zivilgesellschaft? Welche Rolle spielen die Medien dabei? Und nicht zuletzt: Gibt es Alternativen für eine lebendige demokratische Kultur, für eine vielfältige, solidarische und offene Gesellschaft? 
Diese und andere Fragen diskutierten gestern Abend, am Donnerstag, dem 21. September 2017, im ORF RadioKulturhaus, unter der Leitung von Klaus Unterberger, ORF Public Value, US-Kommunikationswissenschafter W. Lance Bennett von der University of Washington, der deutsche Schriftsteller Philipp Blom (u. a. „Was auf dem Spiel steht“), Roberto Suárez Candel, Leiter des „Media Intelligence Service“ der Europäischen Rundfunkunion (EBU), Ulrike Guérot, Professorin für Europapolitik und Demokratieforschung an der Donau-Universität Krems, und Julianna Fehlinger von der Bewegung Attac Österreich. 
In seiner Keynote zum Thema „Kommunikation, Macht und der Aufstieg der anti-demokratischen Politik“ stellte der international renommierte Politik- und Kommunikationswissenschafter W. Lance Bennett von der University of Washington in Seattle seine Sicht zur politischen Situation in den USA und Europa dar: „Die Entwicklung in den USA ist nur das Symptom für eine Entwicklung, die weitere demokratische Länder beeinflusst: Radikale rechtspopulistische Bewegungen und der Neoliberalismus attackieren unsere Demokratie. Das führt dazu, dass weniger Menschen Vertrauen in Demokratie und in Medien haben. Daher wird es wichtiger, dass sich Parteien und die Öffentlichkeit dem Druck der Geschäftswelt entziehen und ernsthaft Gedanken über nachhaltiges Wirtschaften diskutieren.“ 
Roberto Suárez Candel von der EBU unterstrich bei der anschließenden Diskussionsrunde die Wichtigkeit von öffentlich-rechtlichen Medien im Zeitalter der Informationsflut: „Wir leben in einer Zeit, in der wir uns mit einer Vielzahl von Informationen konfrontiert sehen, die sekündlich auf uns einprasseln. Es ist also wichtiger denn je, Nachrichten von Quellen zu beziehen, die nicht vorrangig profitorientiert denken, sondern unabhängig berichten. Klar muss uns dabei sein: Qualität kostet. Guter Journalismus ist ein Investment.“ 
Ulrike Guérot, Universitätsprofessorin an der Donau-Universität Krems, ergänzte: „Ein Merkmal unserer heutigen Demokratie ist die Forderung der Bürgerinnen und Bürger nach mehr Transparenz. Wir befinden uns in einer sogenannten ,Transparenzfalle‘. In Wahrheit geht es aber nicht darum, mehr Transparenz zu schaffen, sondern vielmehr darum, das Vertrauen der Menschen in die Politik zu stärken. Öffentlich-rechtliche Medien spielen dabei eine fundamentale Rolle.“ 
Schriftsteller Philipp Blom betonte: „Die vorherrschende Problematik der heutigen Gesellschaft ist, dass wir im Grunde genommen gar keine Zukunft wollen, sondern lediglich, dass die Gegenwart nie aufhört. Es ist jedoch notwendig, die aktuellen Entwicklungen zu ergreifen, andernfalls werden wir sie erleiden. Die Aufgabe der öffentlich-rechtlichen Medien ist es, die Art von Informationen zu liefern, die die Menschen wieder zum Nachdenken anregen.“ 
Julianna Fehlinger von Attac Österreich resümierte: „Vieles von dem, was wir heute als demokratische Errungenschaft bezeichnen, wie zum Beispiel die Frauenrechte und die Gleichberechtigung oder die Pressefreiheit, wurde in der Vergangenheit hart erkämpft. Dieser Kampfgeist fehlt den meisten Menschen gegenwärtig. Es gilt, eine Sozialpolitik zu gestalten, die auf Gemeingütern basiert.“ 
Der ORF widmete dem Thema nicht nur ein ORF-DialogForum im Wiener RadioKulturhaus, sondern auch eine wissenschaftliche Textsammlung. Im Rahmen seiner Public-Value-Schriftenreihe „Texte“ ist die Ausgabe Nummer 20 entlang der Frage „Wer ist das Volk?“ erschienen. Die Public-Value-Schriftenreihe „Texte“ ist unter http://zukunft.ORF.at abrufbar. 
Das ORF-DialogForum ist eine Initiative des ORF, das Gespräch mit seinem Publikum, den österreichischen Institutionen, den Organisationen und Gruppen der Gesellschaft zu beleben.